Eisbären Berlin Kaderanalyse Teil 2 – Die Offensive
(Fotos von City-Press GmbH)
Nachdem Holzi in der ersten Kaderanalyse die Verteidigung genauer analysiert hat, wollen wir nun in einer Art Tandemverfahren (Alex und Holzi) die Stürmer der Eisbären genauer unter die Lupe nehmen. Dabei treten bei manchen Spielern unterschiedliche Meinungen auf, die klar getrennt voneinander gekennzeichnet sein werden. Bei anderen Spielern sind die Einschätzungen so nah beieinander, dass der Text gemeinschaftlich verfasst werden konnte.
Gerade im Sturm fand der größte Umbruch statt, nur noch 7 Spieler tragen auch in der kommenden Saison das Eisbären-Trikot. Deswegen wird diese Analyse besonders umfangreich ausfallen. Wir wünschen euch viel Freude beim Lesen!
Beginnen wollen wir mit den Spielern, welche die Center-Position bekleiden werden und auch können. Zudem werden wir bei allen Positionen mit den Spielern anfangen, welche schon letztes Jahr das Eisbären Trikot getragen haben.
Center
Zach Boychuk
Starten wir direkt mit einem Spieler in die Analyse, der jetzt schon in sein 4. Jahr im Eisbärentrikot geht. Das gilt nicht für Giovanni Fiore, Kevin Clark, Matt White und Alex Grenier, welche allesamt die Eisbären verlassen mussten. Es spricht für Boychuk, dass ihm dieses Schicksal nicht widerfahren ist.
Zach konnte seinen Punkteschnitt – trotz der insgesamt schlechten Saison bezogen auf die gesamte Mannschaft – weiter ausbauen (21/22: 0,68 PT/Game, 22/23: 0,82). Mit ein Grund dafür war auch, dass er die letzte Spielzeit komplett frei von Verletzungen geblieben ist.
Er fällt durch seine gute Übersicht und einen super Schuss auf. Aber auch defensiv spielt er einen guten Part. Im letzten Jahr war er der Eisbären Stürmer mit der viertmeisten Eiszeit (67:39) bei eigener Unterzahl. Das ist für einen – auf dem Papier – Offensivstürmer ein guter Wert. Insgesamt war er auch der Berliner Stürmer mit der zweitmeisten Eiszeit pro Spiel (19:18).
„Chucky“ ist ein solider Bullyspieler, obwohl es da noch Verbesserungspotential (48.3%) gibt. Neben seiner Hauptposition (Center), kann er auch auf dem Flügel agieren. Insbesondere in eigener Überzahl ist Boychuk ein wichtiger Faktor. Im letzten Jahr konnte er 17 Punkte in Überzahl für sich verzeichnen. Man kann durchaus festhalten, dass er mit der wichtigste Import im Team der Eisbären ist.
Manuel Wiederer
Holzi:
„Wieds“ ist ein Unterzahlspezialist. Diesen Part spielt er seit 2 Jahren sehr stark. Vermutlich wird er als Viertreihencenter eingesetzt werden, wobei ich in ihm eine größere Rolle sehe. Aus meiner Sicht sollte er als der Spieler benutzt werden, der auf das Eis kommt, wenn der gegnerische Topspieler das Eis betritt. Er wäre der perfekte Spieler dafür, Topspieler auszuschalten.
Alex:
Wiederer ist vielleicht einer der unterschätztesten Spieler im Eisbären Kader. Vor allem nach den starken Playoffs im letzten Jahr, hatten vielleicht einige – inklusive mir – sich auch etwas mehr für die reguläre Saison erhofft. Nun blieben aber viele Spieler letzte Saison unter ihren Möglichkeiten, dass es keinen Sinn macht diese überzubewerten.
Außerdem spielte Manuel überwiegend in der vierten Reihe und konnte somit auch keinen großen Einfluss auf das Offensivspiel der Eisbären ausüben. Er hat durchaus Potential für mehr, wird aber bei der starken Konkurrenz auf der Centerposition auf Ausfälle „hoffen müssen“.
Blaine Byron
Blaine Byron zog es nach einem eher unglücklichen Jahr in Schweden wieder zurück in die deutsche Hauptstadt. 2021/22 war Blaine ein absoluter Topspieler der DEL. Er hat in Über- und Unterzahl einen wichtigen Part eingenommen. Byron hat, egal mit wem er in einer Reihe gespielt hat, gut funktioniert. Wir sehen ihn aber – wie auch schon über große Teile der Saison 2021/22 – zwischen Noebels und Pföderl, da er die beiden perfekt ergänzt. Ein großes Fragezeichen ist und bleibt aber seine Verletzungsanfälligkeit.
Er wird hoffentlich den Spielwitz ins Team zurückbringen, welcher uns letzte Saison schon arg gefehlt hat. Blaine wird auch nächste Saison jedes Spiel alles geben. Er liebt die Fans, die Stadt und er ist ein Vollbluteishockeyspieler!
Patrice Cormier
Holzi:
Patrice ist ein weiterer Neuzugang für die Eisbärenoffensive. Er könnte in der kommenden Saison in eine James Sheppard Rolle schlüpfen, genauso denkbar wäre aber auch eine eher defensivere Rolle. Wie mit ihm geplant wird, bleibt also abzuwarten.
Alex:
Oft hat sich in letzten Jahren gezeigt, dass Wechsel von der KHL in die DEL durchaus eingeschlagen sind. Deshalb ist es nicht gerade unwahrscheinlich, dass Cormier eine größere Rolle einnimmt als noch bei seinem letzten Team, wo er größtenteils Drittreihen-Center gewesen war. Cormier bringt viele Eigenschaften mit, welche man einem wahren Leader zuordnen kann. Wir sind sehr gespannt auf ihn, und hoffen auf deutlich bessere Leistungen als von Peter Regin.
Tobias Eder
Unser 1. Neuzugang in diesem Jahr war Tobias Eder. „Tobi“ ist ein klassischer 2 Wege Stürmer, der noch viel Potential mit sich bringt. Ein Spieler im perfekten Eishockeyalter! Bei der DEG hat er in Über- und in Unterzahl einen sehr wichtigen Part übernommen. Dies könnte auch ihn sehr Wertvoll für die Eisbären machen. Wir sehen ihn eher in einer Rolle auf dem rechten Flügel, da er kein guter Bullyspieler (38.40 %) ist.
Rechter Flügel
Leo Pföderl
Machen wir doch direkt weiter mit den beiden rechten Flügelspielern der Eisbären. Den Anfang macht Leo Pföderl. „Leo“ hat 2 große Schwächen. Zum einen ist das die Verletzungsanfälligkeit, zum anderen die Inkonstanz. Ist er aber in Top-Form, ist er ein sogenannter X-Faktor. Er hat einen harten und präzisen Schuss, besonders aus dem (Halb-)Slot. Außerdem hat er ein gutes Spielverständnis und eine sehr starke Puckführung. Das scheinbar blinde Verständnis mit Noebels macht ihn unverzichtbar.
Anekdote von Alex:
Seit der letzten Saison hat er auch seine alte Liebe Nürnberg endgültig hinter sich gelassen, als er beim 2:0 Erfolg am 08.01.2023 in der Arena Nürnberger Versicherung mit seiner giftigen Art zum Matchwinner wurde. Früher hatte man doch ein wenig den Eindruck, dass er ausgerechnet gegen Nürnberg das Toreschießen etwas verlernt hätte 😉
Ty Ronning
Ty Ronning kam als bis dato letzter Sturmneuzugang aus Ingolstadt an die Spree. In Ingolstadt hat „Ty“ sehr stark auf sich aufmerksam gemacht. Wer mehr zu ihm erfahren möchte, sollte den Transfercheck zu ihm genau lesen. Er spielt sehr „Clark ähnlich“. Ronning hat aber ein besseres Spielverständnis als Kevin, dafür ist Clark kaltschnäuziger. Insgesamt würden wir Ronning als Upgrade zu Clark bezeichnen. Er und Pföderl sollten im kommenden Jahr die Rollen als Top-Torschützen einnehmen.
Linker Flügel
Marcel Noebels
Hier gehen die Meinungen sehr weit auseinander, aber das ist ein völlig normaler Prozess.
Holzi:
Dann bleibt nur die Frage, wer legt den beiden die Tore auf? Marcel Noebels ist offensichtlicherweise wie gemacht dafür. Er hat einen super Pass, einen sehr hohen Eishockey IQ und einen guten Direktschuss – wenn er möchte. „Noebi“ ist seit Jahren der Topscorer der Eisbären, wir hoffen, dass er auch im nächsten Jahr eine solch wichtige Rolle einnehmen kann.
Alex:
Genauso lobenswert, wie man seine herausragenden Fähigkeiten erwähnen muss, darf man aber auch seine Schwächen nicht außer Acht lassen. Seit Jahren bin ich nicht der einzige Kritiker an Noebels schwankenden Auftritten. Wenn das Spiel gut läuft, ist auch Noebels vorne dabei und kann mit seiner Spielfreude glänzen.
Wenn allerdings im Spiel der Wurm drin ist, sieht man vom besten Scorer der letzten Jahre leider auch nicht mehr viel. Dazu kommt sein manchmal destruktives Abwehrverhalten. Noch vor zwei Jahren habe ich ihn für seine Puckeroberungen gefeiert, in den letzten zwei Jahren ist ihm diese Fähigkeit leider etwas abhandengekommen.
Dennoch habe ich große Hoffnungen, dass in diesem qualitativ hochwertigen Kader er seine grandiosen Fähigkeiten wieder besser einsetzen und zeigen kann, da die Verantwortung hoffentlich breiter verteilt werden kann.
Yannick Veilleux
So unterschiedlich die Meinungen bei Marcel Noebels waren, sind sie bei Yannick umso einheitlicher. Wir sind große Fans von ihm. Auch in der Mannschaft ist er hoch angesehen. Im 9. Meisterjahr fungierte er in den Playoffs verletzungsbedingt oft als Co-Trainer. Immer wenn er auf dem Eis steht, zeigt er vollen Einsatz, hat aber auch gute spielerische Qualitäten.
Aufgrund seiner Flexibilität halten wir eine Rotationsrolle durchaus für möglich. Wenn er auf dem Eis steht, kann er überall und mit jedem agieren. Eine Rolle als sogenannter „Bad Boy“ ist aber am wahrscheinlichsten. Das liegt daran, dass die Eisbären an spielerischer Qualität quasi überbesetzt sind.
Freddie Tiffels
Holzi und Alex:
Frederik Tiffels ist einer, der genau wegen seinen spielerischen Qualitäten in die Hauptstadt geholt wurde. „Freddie“ kommt über seine Schnelligkeit und seinen Eishockey-IQ. Er ist eher ein Spielmacher als ein Torjäger, aber an seinem Tor in der Verlängerung gegen die USA hat man gesehen, dass er auch ein Torjäger sein kann.
Tiffels braucht – dem Anschein nach – viel Vertrauen. Im Jahr 2021/22 hat er dieses bekommen und es auch zurückgezahlt. Im Jahr 2022/23 hat er über lange Phasen der Saison nicht zu seinem Spiel gefunden. Das lag daran, dass er nicht mehr das ganze Jahr über in derselben Reihe gespielt hat, sondern viel gewechselt wurde. Seine Eiszeit pro Spiel sank von 18:12 auf 15:47.
Alex:
Ich möchte an der Stelle noch meine in den letzten Jahren erfundene Wortschöpfung „ins aubinsche System passend“ ins Spiel bringen, weil sie einfach zu Freddie extrem passend ist. Das „aubinsche“ Spielsystem ist von viel Schnelligkeit, Einsatz, Positionswechseln und Disziplin geprägt, alles Eigenschaften, die Freddie Tiffels mitbringt!
Lean Bergmann
Lean Bergmann könnte das ideale Gegenstück zu Tiffels sein. Sein Spiel zeichnet sich aus durch einen sehr starken Schuss und ein gutes Körperspiel. Was das Spielverständnis angeht, haben wir noch ein paar Fragezeichen im Kopf. Er selbst wünscht sich eine Scoringrolle zurück. Er hat noch sehr viel Entwicklungspotential. Lean kam in letzter Zeit ab und zu eher unreif rüber. Ähnlich wie Rayan Bettahar, über den wir in unserem Transfercheck über die Defensive geschrieben haben, lässt er sich oft auf eher unnötige Strafen o.ä. ein. Auch er braucht das Vertrauen vom Trainer.
U23-Talente
Michael Bartuli
Das waren unsere 11 „gestandenen“ Stürmer. Nun kommen wir zu unseren „Stand Jetzt“ 3 Talenten. Den Anfang macht Michael Bartuli. Der 20-Jährige ist ein kleiner, schneller Spieler mit gutem Körper. Er selbst meinte mal, die DEL liege ihm aufgrund des läuferischen Aspektes mehr als die DEL2. Unter anderem aus diesem Grund sehen wir ihn große Teile der Saison in Berlin absolvieren. Eventuell wird er die Rotationsrolle übernehmen.
Maximilian Heim
Maximilian Heim ist ein noch immer ungeschliffener Juwel. Er spielt für sein Alter sehr reif, hat einen super Körper, kann diesen trotz der Größe auch sehr gut bewegen, hat ein gewisses Maß an Spielwitz und ist für sein Alter (18) schon sehr selbstbewusst. Die Personalie Heim beweist, dass Scouting auf diesem Niveau sehr wichtig ist. Im Juniorenbereich war er nie ein überragender Scorer. Dies verleitet Teams oft dazu, sich den Spieler gar nicht erst anzuschauen. Er sollte in der kommenden Saison den U23 Stammplatz im Sturm bekommen.
Eric Hördler
Eric Hördler, der Sohn von Legende Frank Hördler, ist der 14. und zurzeit letzte Stürmer im Kader. „Eric“ hat ein gutes Spielverständnis und hat eine ausgeprägte Schnelligkeit. Seine offensive Schwäche liegt im Abschluss. Bei der letzten U20 WM hat er eine entscheidende Rolle im Unterzahlspiel eingenommen. Sollte er sein Potential irgendwann voll ausschöpfen können, sehen wir in ihm den nächsten Freddie Tiffels. Das kommende Jahr sollte er dennoch bei den Füchsen in Weißwasser absolvieren. Wir würden uns trotzdem über ein paar Einsätze bei den Eisbären freuen.
Aus unserer Sicht brauchen die Eisbären nun noch 2 Talente für den Sturm. Zum Vergleich: Im letzten Jahr gingen die Eisbären mit 18 Stürmern in die Saison. Gerade zum Anfang wurden diese auch alle gebraucht.
Die Reihen, die Alex aufstellen würde, könnt ihr in unserem Podcast erhören oder auf seinen Twitterkanal nachrecherchieren. Hier Folgen also nun die Formationen von Holzi:
92 – Marcel Noebels | 23 – Blaine Byron | 93 – Leo Pföderl |
95 – Frederik Tiffels | 15 – Manuel Wiederer | 10 – Lean Bergmann |
38 – Yannik Veilleux | 89 – Zach Boychuk | 9 – Ty Ronning |
86 – Maximilian Heim | 28 – Patrice Cormier | 22 – Tobi Eder |
In Rotation: Michael Bartuli
Meine Reihen setzen sich aus den folgenden Kriterien zusammen: Jede Reihe sollte defensiv und offensiv ausgewogen sein. In jeder Reihe sollte ein Rechtsschütze vorhanden sein. Jede Reihe – abgesehen von der ersten – ist gleichwertig. Eine Reihe setzt sich aus einem potentiellen Duo + eine Ergänzung zusammen.
In der ersten Reihe sind alle 3 spielerisch sehr stark. Blaine Byron ergänzt Noebels und Pföderl sehr gut, weil er sehr schnell und wendig ist, und da er defensiv sehr viel ackert.
Lean Bergmann könnte das ideale Gegenstück zu Freddie Tiffels sein. Die beiden kann man langfristig als nächstes Top Duo aufbauen. Tiffels als Spielmacher und Bergmann als Torjäger. Als Center spielt hier Manuel Wiederer, der die Reihe defensiv absichern kann. Ihn sehe ich aber in der vorhin erwähnten Rolle als Gegenspieler des Topspielers. Aus diesem Grund rutscht in meinen Überlegungen Tobi Eder situativ in Reihe 2.
Zach Boychuk und Ty Ronning könnten im Idealfall ein ähnlich gutes Duo abgeben wie es Boychuk und White einst getan haben. Daneben sehe ich am ehesten (wie auch schon die letzten 2 Jahre) Yannik Veilleux, der den defensiven Part in dieser Reihe spielen kann.
Patrice Cormier würde von mir den Job bekommen, der Mentor für Maximilian Heim zu sein. Cormier bringt extrem viel Erfahrung mit. Diese Situation kann man vergleichen mit der Lapierre-Reichel-Verbindung vor 3 Jahren. Der Platz auf dem rechten Flügel geht dann an Tobi Eder, er kann den beiden offensiv wie defensiv sehr gut helfen. Der Platz auf dem rechten Flügel neben Cormier und Heim wird aber situativ anders besetzt, weil Eder öfter mal in der Tiffels-Bergmann-Reihe zum Einsatz kommen würde.
Michael Bartuli ist in diesem Fall der Springer. Aufgrund seiner Art zu spielen, kann er viele Rollen übernehmen.
Fazit:
Die Offensive ist trotz der vielen hochkarätigen Abgänge sehr stark und auch tief besetzt, vor allem, wenn noch 2 junge Stürmer lizenziert werden sollten. Gerade im deutschen Sektor hat man sich mit Tiffels, Eder, Bergmann und Bartuli sehr gut verstärkt.
Auch die neuen Importspieler bringen verheißungsvolle Leistungen mit nach Berlin. Man sollte bei den getroffenen Personalentscheidungen auch immer bedenken, dass dahinter auch ausgereifte Entscheidungsprozesse stehen. Man hat aus vielen Kreisen vernommen, dass die Stimmung im Team nicht die beste gewesen sein soll.
Die neuen Spieler kennen zum größten Teil die Liga oder bringen sehr viel Leadership-Erfahrung mit in die Hauptstadt. Zudem sind viele Spieler sehr variabel einsetzbar, was für Aubin sein Spielsystem prädestiniert ist. Wir gehen daher – was den Sturm angeht – sehr optimistisch in die neue Saison, auch mit den Hintergedanken, dass man im Notfall auch noch zwei Importspieler nachverpflichten kann.
Nun sind wir sehr gespannt auf euer Feedback auf allen bekannten Plattformen.