Allgemein

Eisbären Berlin Kaderanalyse Teil 3 – Die Goalies

Die Torhüterposition wurde letzte Saison häufig als größte Schwachstelle im Eisbären Kader bezeichnet. Juho Markkanen (21) und Tobias Ancicka (22) bildeten zu dieser Zeit das Torhüter Duo. Kann das neue Trio überzeugen?

Ist das Experiment der vergangenen Saison gescheitert?

Es war ein Experiment was nicht unbedingt scheiterte, aber eben für eine Mannschaft mit Meisterambitionen dann doch zu schwach war. Gerade der junge Markkanen wurde häufig kritisiert. Seine Leistung war für sein Alter vollkommen in Ordnung, aber eben gab die Kontingentstelle die er einnahm der damaligen Verpflichtung einen faden Beigeschmack.

Nachdem relativ schnell klar wurde, dass dieses Duo in der nächsten Saison nicht den Kasten des Hauptstadtclubs hüten würde, fingen die Spekulationen an. Die Gerüchteküche brodelte. Alle stellten sich die Frage: „Wer wird denn nun die neue Nummer 1 ?“. In den Berliner Boulevard Zeitungen gab es einige Gerüchte um einen NHL-Goalie der nach Berlin wechseln würde.

Wir waren als Blog und Podcast zu dieser Zeit natürlich nicht untätig und erfuhren, dass die Eisbären an einer Verpflichtung von Joacim Eriksson interessiert waren. Er war der absolute Wunschkandidat der Eisbären. Eriksson, der in den vergangenen Saisons zuverlässig das Schwenninger Tor hütete, lehnte aber ab und entschied sich dafür, seinen Vertrag in Schwenningen zu verlängern.

Galt lange als Wunschtranfer der Eisbären: Joacim Eriksson (Foto von Marco Leipold/City-Press GmbH)

Die zweite Option die die Eisbären hatten, die wir Ende Februar auch schon auf Twitter nannten (@dynamo1954 , @puckgefluester), wurde schließlich auch verpflichtet.

Der Neue

Mit Jake Hildebrand wechselte Anfang Juni der Aufstiegs- und Stammtorhüter der Löwen Frankfurt zu den Eisbären.

(Foto von Moritz Eden/City-Press GmbH)

Es dauerte nicht lange bis erste Zweifel an dem Transfer seitens der Boulevardpresse aufkamen. Er wurde förmlich schlecht geredet: als „Durchschnittstorhüter“ und „zu schlecht für einen Meister“ bezeichnet.

Manchmal frage ich mich da: Könnt ihr alle in die Zukunft schauen? Lasst Jake doch erstmal spielen. Es ist doch absolut respektlos, die neuen Transfers direkt schlecht zu reden ohne, dass sie ein einziges Spiel für ihren neuen Verein absolviert haben.

Desweiteren wurde Jakes Erfahrung in anderen Ligen wie der NHL oder der AHL bemängelt. Das dieses Argument wenig bis gar keine Aussagekraft hat kann ich euch ganz schnell beweisen:

Wer wurde letztes Jahr „DEL Torhüter des Jahres“? – Hendrik Haukeland

Wie viele NHL/AHL Spiele hat Haukeland in seiner Karriere gemacht? – Gar keine.

Muss ein Torhüter also NHL/AHL Erfahrung haben um ein guter DEL Goalie zu sein? – Nein!

Nur Durchschnitt?

Aber ist Hildebrand denn wirklich so durchschnittlich?

Jake Hildebrand (Foto: City-Press GmbH)

Um diese Frage beantworten zu können muss man sich erstmal mit der gesamten Materie beschäftigen. Ein Torhüter ist nicht allein dafür verantwortlich das Tor zu hüten. Auch die Abwehr MUSS einen großen Teil dazu beitragen. Ihr Aufgabe ist es, keine gefährlichen Schüsse zuzulassen oder diese abzublocken. Des weiteren sollte eine gute Abwehr dafür sorgen, dass kein Traffic seitens der Gegner vor dem Tor entstehen kann. Der Slot muss mit aller Kraft freigeräumt werden. Entstehende 1vs1 Situationen mit Torhüter müssen verhindert werden und natürlich dürfen hinten drin auch keine Fehler entstehen, die den Torhüter unnötig in Bedrängnis bringen. 

Das soll natürlich nicht bedeuten, dass der Goalie nichts machen muss, aber eine gute Abwehr ist zumindestens schonmal die halbe Miete für den Torhüter.

Frankfurt hatte in der letzten Saison keine gute Abwehr. Laut unseren Podcastkollegen von Bembelhockey (Frankfurter Fan-Podcast), war sie „spielerisch sehr langsam“ und brachte somit Goalie Hildebrand immer in brenzlige 3-auf-1 Situationen. 

Für die nächste Saison sieht die Berliner Abwehr sehr solide aus. Dreh und Angelpunkt der Defensive wird vermutlich Kai Wissmann werden, dieser glänzte ja in den vergangenen Jahren schon durch seine unglaubliche Spielintelligenz. Diese Abwehr dürfte ein enormes Upgrade, im Gegensatz zur Frankfurter, für Jake sein.

Phillip von Bembelhockey bezeichnet Hildebrand als „einen enorm ruhigen Torhüter, dessen Bewegungen kaum unüberlegt aussehen“. Er ist im Prinzip die Ruhe in Person, also vom Spielstil her eher ein Tobias Ancicka als ein Juho Markkanen. „Trotzdem ist er enorm schnell was die Pfosten-zur-Pfosten Arbeit angeht“, er ist also durchaus fix unterwegs wenn er von einer Seite zur anderen rutschen muss. „Jake ist ebenfalls für einige spektakuläre Safes gut“. Klingt doch vielversprechend.

Bild: Twitter @h_modes

Im direkten Vergleich Ancicka vs Hildebrand sieht man, dass Ancicka in den meisten Kategorien die Nase vorn hat, ABER und ja es gibt eben dieses aber… Hildebrand hat elf Hauptrundenspiele mehr als Ancicka in der vergangene Saison absolviert. Mag vielleicht auf dem ersten Blick nicht viel klingen, dennoch hat Ancicka viel mehr Pause bekommen, während Hildebrand im Prinzip fast jedes Spiel auf dem Eis stand. Das man dann irgendwann überspielt ist, sollte auch verständlich sein.

Wenn man die Statistiken oben betrachtet erkennt man, dass Hildebrand weniger Schüsse aus dem Slot (Bereich vor dem Tor) und vom Point (blaue Linie) gehalten hat, aber eben diese Qualität der Schüsse kennen wir nicht, die Qualität kann eine gute Abwehr eben entscheidend beeinflussen. Daher tue ich mich schwer aus diesen Statistiken herauszunehmen, dass Ancicka der bessere Goalie ist. Man kann aber festhalten, dass Ancicka (22) in seinem jungen Alter schon bereits ein solider Torhüter ist und mit Goalies wie Jake (30) mithalten kann.

Hildebrands größte Schwäche ist seine Fanghand. Diese bekommt er häufiger zu langsam hoch. Seine größte Stärke ist sein Goalie IQ, er ist schnell und bewegt sich dabei sehr bedacht und schafft es so einige Top-Safes zu landen.

Aber ist er nur Durchschnitt? Ich würde sagen, „besserer Durchschnitt“. Klar gibt es bessere Torhüter, aber irgendwie habe ich auch das Gefühl, dass Jake kein Goalie für die nächsten drei Jahre ist. Zugegebenermaßen war ich auch ein bisschen enttäuscht, dass für nächstes Jahr „nur“ ein Hildebrand verpflichtet wurde. Aber ich bin überzeugt, dass Jake nochmal so eine Saison wie die des Aufstiegs der Löwen in die DEL hinlegen kann. Die Qualität der Liga ist zwar stärker, aber es ist ein ähnliches Szenario, denn wir sind eben auch ein Top-Team mit einer Top-Defensive. Daher lasst uns doch aufhören den Transfer schlecht zu reden, Kritik kann man ja während der Saison immer noch ausüben, nur eben wenn man Jake dann schon im Eisbären Trikot hat spielen sehen.

Ich kann euch nur sagen, mit Hildebrand kommt ein Top-Mensch und ein guter Goalie nach Berlin und wenn wir ihm die Chance geben sich zu beweisen, wird er diese auch nutzen.

Die jungen Wilden

Aber Hildebrand ist nicht der einzige Neuzugang der Eisbären auf der Goalie Position:

Auch der junge Jonas Stettmer (21) wechselte diesen Sommer nach Berlin. Er ist ein talentierter Torhüter des selben Jahrgangs wie Ancicka. Er war, als der Vertrag unterschrieben wurde, fest als Nummer-3 eingeplant. Durch das Verletzungspech des ERC Ingolstadt im letztjährigen DEL-Finale kam Jonas dann jeodch zu einigen Einsätzen in denen er sich mehr als solide präsentierte. Stettmer wird aller Voraussicht nach sein erstes Jahr in der Eisbären Organisation in Weisswasser verbringen, während Quapp als Hildebrand Back-Up fungiert. Dort kann er sich in Ruhe entwickeln und bekommt ordentlich EInsatzzeit.

Jonas Stettmer (Foto von Mathias Renner/City-Press GmbH)

Neben dem talentierten Stettmer gibt es aber wie gesagt noch Nikita Quapp, der zweifelsohne immernoch als eines der größten deutschen Goalie Talente zählt. Nicht umsonst wurde Quapp von den Carolina Hurricanes im NHL-Draft 2021 gezogen. In der vergangenen Saison fing die Saison für Quapp überragend an, er hatte einige starke Spiele, doch dann kam ein Schock für ihn und die Lausitzer Füchse. Er verletzte sich und fiel einige Zeit aus, letztendlich kam er auf nur 13 Ligaspiele (DEL&DEL2). Seine Motivation dürfte ziemlich groß sein und er wird als guter Konkurrent für Hildebrand fungieren. Ich traue Nikita einiges zu und auch die Carolina Hurricanes luden Quapp dieses Jahr wieder zum Development Camp ein.

Nikita Quapp (Foto von City-Press GmbH)

Fazit

Auch wenn ich mir auf der Starter Position mehr als einen Jake Hildebrand erhofft habe, freue ich mich besonders auf ihn. Sein Spielstil sagt mir sehr zu und unser Goalie-Coach Sebastian Elwing wird Jakes Schwächen erkennen und daran arbeiten. Wenn die Erwartungen der Fans gering sind, können sie ja nur übertroffen werden (Hoffentlich im hohen Ausmaß) 😉

Unsere beiden Back-Ups haben großes Potenzial und werden sich gut entwickeln. Vielleicht schaffen sie ja das was die meisten jungen Goalies der letzten Jahre nicht geschafft haben: Sich zum Stammtorhüter der nächsten Jahre hochzuarbeiten. Spannend anzusehen wird der interne Kampf zwischen den beiden. Aktuell sehen wir als Blog Quapp im Rennen etwas weiter vorne, aber Stettmer darf sich bei guten Auftritten in der Lausitz auch berechtigte Hoffnungen auf Einsatzzeit in der DEL machen.

Ich finde die Konstellation sehr interessant, man hat keine enorm starke Nummer-Eins verpflichtet wie es beispielsweise ein Niederberger oder ein Vehanen war, daher ist die Chance für unsere Back-Ups umso höher sich zu präsentieren. Ob das ein Fehler war oder ein schlauer Move seitens Richer, wird sich zeigen. Aber lasst uns da optimistisch an die Sache rangehen und jedem Goalie erstmal eine Chance geben, bevor wir über sie urteilen

Cheers!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert