Die Puckgeflüster Saisonanalyse
Das war nun meine 15. Eisbärensaison und lasst mich lügen, die 10. in der ich Spielberichte oder eigentlich besser Spielgeschichten schreibe. Die Geschichte, die diese Saison geschrieben hat, wird wohl für immer einzigartig bleiben. Eine emotionalere Spielzeit habe ich in diesen 15 Jahren als Dauerkartenbesitzer nicht erlebt. Diese nun in einen zwei- bis dreiseitigen Schreiprogramm-Text zusammenzufassen, wird nicht einfach sein, aber wie immer versuche ich mein bestes!
Der Schock
Es war der 09. August 2024 als wir alle mit ungläubigen Augen auf die Meldung auf der Eisbären Webseite blickten. Es war der Moment als wir darüber informiert wurden, dass bei den routinemäßig durchgeführten sportmedizinischen Untersuchungen eine schwerwiegende Krebserkrankung bei Tobi Eder festgestellt worden ist. Diese Nachricht kam in mitten purer Vorfreude auf die Saison und traf uns alle mitten ins Herz! Es wurde schnell klar, dass es keine normale Saison werden kann. Tobi, ein Mensch voller Lebensfreude, wird nun von einen nahezu unsichtbaren Feind angegriffen. Ein unbeschreibliches Gemeinschaftsgefühl entstand nicht nur zwischen den Spielern, sondern in der gesamten Organisation uns Fans mit eingeschlossen. Wir alle hatten ein Ziel, dass wir gemeinsam mit Tobi diesen Feind besiegen werden!
Die Kaderplanung
Bereits vorher hatte Stéphane Richer wieder einen sehr interessanten Kader zusammengebaut! In der Verteidigung stand im Importbereich durch die Abgänge von Julian Melchiori, Morgen Ellis und Thomas Schemitsch ein recht großer Umbruch an. Der Markt für Verteidiger war diese Sommerpause sehr dünn besetzt, dennoch fand man mit Mitch Reinke und Olivier Galipeau zwei Neuzugänge. Ein dritter Importverteidiger stoß dann etwas später durch die Nachverpflichtung von Markus Niemeläinen zum Team dazu.
In der Offensive war der Umbruch nicht so massiv, hier setzte man eher auf Kontinuität. Einzig Liam Kirk und Gabriel Fontaine ergänzten den eingespielten Sturm. Gerade hinter Fontaine verbog sich lange ein Fragezeichen, was er alles im Stande ist zu leisten! Mit Matej Leden wurde ein vielversprechendes Talent verpflichtet. Maxim Schäfer und Elias Schneider ergänzten den Kader als große bereits im Kader vorhandene Talente. Somit stellten die Eisbären hinter den Kölner Haien den jüngsten Kader der gesamten Liga! Hier ist auch schon der Grundstein für die nächste Generation gelegt!
Auf der Trainerbank musste durch den Abgang von Assistenten Coach Craig Streu ein Ersatz gefunden werden. Rob Collins übernahm die vakante Stelle. Rob ist kein unbekanntes Gesicht in der DEL, der Topscorer ging in Düsseldorf, Hamburg (🤭) und kurz auch in Köln auf Torejagd. Er kennt somit die Gegebenheiten der Liga wie seine Westentasche, zudem war es auch der Wunsch von Serge Aubin, weil sich die Spielphilosophie beider Trainer ähneln! Neben ihnen rückt André Rankel fest ins Trainergespann auf, somit ist auch die Eisbären-DNA vertreten, eine auf den Papier herausragende Mischung!

Der Start mit vielen Verletzten
Auf die Saisonvorbereitung möchte ich nicht wirklich eingehen, oft werden hier Dinge ausprobiert, manch verwunderliches Spielergebnis ist somit vorprogrammiert. Ich freue mich schon jetzt wieder enorm auf die nächsten Testspiele, wo wir wieder an die Ausprobierphase erinnern müssen! 😌 Dennoch merkte man schon in dieser frühen Phase, dass die Mannschaft sehr eingespielt ist. Die Neuzugänge wurden perfekt ins vorhandene Teamgefüge aufgenommen. Auch die besonders neuformierte Defensive bot für den Anfang passable Leistungen ab! Vor allem bei Mitch Reinke zeigten sich früh seine Qualitäten, die durch die Rolle, die ihm das Trainergespann auferlegt hat, nochmal forciert wurden.
Bereits die vier die Spiele in der CHL vor DEL-Beginn machten Lust auf mehr. In Schweden bei den Växjö Lakers war man noch unglücklich unterlegen, danach folgten drei Siege gegen Unia, Pardubice und Sparta. Schon in diesen Spielen fehlten einige Spieler in besonders wichtigen Positionen. Ty Ronning fiel bis zum 6. Spieltag aus, blieb dann aber zum Glück verletzungsfrei die restliche Saison. In Der Verteidigung fehlten abwechselnd Geibel, Kaiser und Niemaläinen, manchmal sogar alle gleichzeitig. Ein Großteil der ersten Spiele musste somit mit lediglich 5 Verteidigern gespielt werden. Dennoch legte man einen sehr guten Start in die Saison hin. In den ersten 7 Ligaspielen blieb man nur einmal ohne Punkte und gewann 5 Spiele glatt.
Es folgte eine wahre Abreibung in der CHL beim HC Fribourg-Gottéron. Mit 3:9 war man dort unterlegen. Viele waren nun der Auffassung man hätte die CHL wieder abgeschrieben, was unter dieser personellen Situation auch verständlich gewesen wäre! Im letzten Vorrundenspiel deklassierte man dann aber den dänischen Meister Sonderjyske mit 8:0 im heimischen Welli! Somit spielte man im Achtelfinale gegen die Sheffield Steelers aus Groß Britannien.
Währenddessen blieb man in der Liga in weiteren 12 Spielen ohne eine „Nullpunktespiel“. Ganz nebenbei besiegte man dann das Überraschungsteam aus Sheffield, welches bislang alle seine Gegner vor Probleme gestellt hatte, relativ souverän mit zwei glatten Siegen, somit stand man mehr als verdient im Viertelfinale, wo das Topteam aus Zürich warten sollte.
Kleiner Knick Ende November und Dezember
In der Liga setzte es nach den wirklich anstrengenden Wochen zwei unglückliche Niederlagen gegen die Topclubs aus Bremerhaven und Ingolstadt. In Bremerhaven hätte man durchaus noch gewinnen können, zu Hause war man gegen die Panther einfach chancenlos. Das musste man in dieser Phase einfach neidlos anerkennen! Nach 24 Spielen in knapp 81 Tagen mit etlichen Verletzungssorgen kann man sich auch mal eine kleine Schwächephase leisten.
Vor allem weil man dann auch in den folgenden Spielen bis zur Weihnachtszeit trotz merklich schwerer Beine immer noch in den meisten Spielen punkten konnte. Für ein Weiterkommen in der CHL hat es allerdings nicht gereicht. Und das obwohl man sowohl in Berlin als auch in Zürich jeweils in den Spielen mit 3:0 in Führung gehen konnte. Auch hier fehlte es am Ende an der notwendigen Kraft, um gegen so eine Starmannschaft diese Führungen über die Zeit zu bringen. Man kann der Mannschaft da keinen Vorwurf machen. Es war die erfolgreichste CHL-Saison der Eisbären Geschichte und am Ende des Tages braucht man ja immer noch Steigerungsmöglichkeiten für die kommende Saison !😉
Zudem fiel Mitch Reinke seit dem Spiel in Straubing am 08.12.2024 wegen einer schweren Schulterverletzung bis zum Saisonende aus. Ein schwerwiegender Ausfall! Mitch überzeugte auf ganzer Linie und war fester Bestandteil in einer Powerplayformation! In der Offensive fielen zudem regelmäßig einige Spieler für wenige Spiele aus, aufgrund dessen mussten die Formationen ständig durcheinander gewürfelt werden. Ein Spielrythmus war nicht mehr zu erkennen. Am Ende des Tages war es aber ein perfektes Training für die Playoffs, dass die Spieler auch mal mit anderen Reihenpartnern agieren mussten!

Beendet wurde diese schwierigste Saisonphase mit zwei deftigen Heimniederlagen gegen Frankfurt und Ingolstadt kurz vor den Weihnachtsfeierlichkeiten! Zwischen den Tagen und auch im neuen Jahr feierte man dann wieder 5 Siege in Folge. Bis zum Saisonende lichtete das Lazarett zunehmend, mit Adam Smith stieß ein zunächst unscheinbarer Verteidiger zum Team hinzu, der in Tschechien zweimal den Meistertitel in Folge gewinnen konnte.
Ein von den Statistiken schwer einzuschätzender Spieler entpuppte sich als wahrer Ruhepol für unsere Defensive. Aber auch menschlich passte er hervorragend ins Team, man sah im seine Begeisterung über das Teamgefüge und die Gegebenheiten förmlich bei jeder Aktion und in jedem Interview an. Seine Haarpracht wird er also nicht wegen Stresses verloren haben! 🤭 Aber auch diese Szene mit ihm und Serge Aubin ist einfach nur symbolisch für den unfassbaren Zusammenhalt in diesem Team. Zudem zeigt es, welch grandioser Mensch Serge ist! Auch die Rückkehr von Norwin Panocha dürfen wir an der Stelle nicht unterschlagen, der einen sichtbaren Reifungsprozess in Nordamerika durchlebt hat und durchaus vielversprechend Leistungen gezeigt hat!


Der endgültige Nackenschlag
Diese Menschlichkeit wurde Ende Januar, Anfang Februar umso wichtiger. Der Gesundheitszustand von Tobi Eder hat sich in dieser Zeit rapide verschlechtert. Wenn man genauer auf die Ergebnisse in der dieser Phase schaut, erkennt man auch die nochmal enorm gestiegene psychische Belastung in dieser Zeit. Alle vier Spiele waren sehr hart umkämpft und nicht von der gewohnten spielerischen Leichtigkeit geprägt. Am 29.01.2025 kam dann die schockierende und endgültige Nachricht, dass der Feind Tobi endgültig besiegt hat…..
Zwei extrem schwere aber auch hoch emotionale Wochen des Abschieds folgten. Die Art und Weise, wie die Eisbären auf diesen Verlust reagiert haben, war bemerkenswert. Hier wurde der wichtigste Baustein für den später folgenden Titel gelegt, der einzig für Tobi erkämpft und erspielt wurde. Thomas Bothstede hat es perfekt formuliert: „Wir würden alle Titel wieder eintauschen, wenn Tobi jetzt bei uns sein könnte!“. Gänsehaut! Keine weiteren Worte nötig! 🕯️

Die heiße Phase
Das Viertelfinale gegen Straubing
Die Eisbären kamen nach dieser Tragödie fulminant zurück und erspielten sich bis zum Start der Playoffs nochmal 8 Siege in 12 Ligaspielen! In diese startete man mit einem nahezu kompletten Line-Up, einzig Blaine Byron fiel für die Viertelfinalserie gegen die Straubing Tigers noch aus. Der Start in die Serie war ebenso fulminant. Auch wenn die Tigers durchaus das aktivere Team mit den häufigeren Abschlüssen war, hatten sie keine Chance gegen die Effektivität der Eisbären.
Man hatte trotz der vielen Schüsse auf das Tor von Jonas Stettmer nie das Gefühl, dass die ersten beide Spiele verloren hätten gehen können! Durch die Niederlage im zweiten Heimspiel entwickelte sich dennoch eine hochspannende vierte Partie in Straubing. In dieser war man bei Gleichzahl auf dem Eis die deutlich bessere Mannschaft, die Tigers konnten aber drei Powerplays ausnutzen und waren in der Overtime die bessere Mannschaft. Der überragende Jonas Stettmer hielt uns aber im Spiel! Jonas bewies, dass das in ihm gesteckte Vertrauen mehr als berechtigt war!
Am Ende war es der Gamewinner vom ebenfalls diese Saison überragend aufspielenden Korbinian Geibel, der den Eisbären eine 3:1 Serienführung ermöglichte! Noch nie haben die Eisbären bei so einer Serienführung verloren, das sollte sich weder jetzt im Viertelfinale noch später im Finale gegen die Kölner Haie ändern! Im letzten Spiel der Serie waren die Eisbären wieder eiskalt, aber auch defensiv deutlich stabiler. Auch auf den überraschenden Anschlusstreffer von Zimmermann reagierte man eiskalt. Der Treffer von Ty Ronning, der herausragend herausgespielt wurde von Tiffels und Geibel, hat sich förmlich in mein Gedächtnis eingebrannt. Offensiv war das schon eine herausragende Serie!
Halbfinale gegen die Adler
Hier machte die Defensivarbeit einen enormen Pusch nach vorne, allerdings sind die Adler auch nicht die Tigers. Jedes Team spielt mit ihrem eigenen System. Dennoch haben beide Teams ein ähnliches Problem: ihre Effektivität! Für den leider verletzten Jonas Stettmer sprang Jake Hildebrand ein. Er hatte nicht seine beste Hauptrunde, hatte aber mit seinem Nachwuchs und die besondere Bindung zu Tobi viele emotionale Ablenkungen. In den Playoffs war davon nichts mehr zu merken! Jake lieferte genauso wie Jonas ab, aber Jonas hätte genauso souverän gegen Mannheim und Köln gehalten, da sind wir uns sicher! Vom „Fliegenfänger Duo“ zum besten Torhütergespann der Liga in zwei Jahren, wieder ein herausragendes Händchen von Richer und Aubin!
Die Serie gegen die Adler war von purer defensiver und offensiver Effektivität geprägt. Bereits in der Hauptrunde konnte man die Adler viermal besiegen. Diese Saison haben sie uns tatsächlich noch besser gelegen als letztes Jahr! Man muss es einfach sagen, dass die Mannheimer mit ihrer fehlenden Torgefahr einfach keine Chance gegen uns hatten! Eine herausragende Mannschaftsleistung ebnete den Sweep 🧹 in das Playofffinale!
Finale Furioso gegen Köln
Hier traf man überraschend nicht auf die Ingolstädter, sonder auf die Kölner, die die Panther in 6 Spielen niederringen konnten. Bereits im Viertelfinale besiegte man die favorisierten Bremerhavener! Die Kölner waren somit seit 2013 wieder in einem DEL-Finale, damals zog man schon gegen unsere Eisbären den kürzeren. Es war der letzte Heimerfolg, den wir vor heimischen Fans feiern konnten!
Die Haie leisteten im ersten Spiel noch 20 Minuten und im kompletten zweiten Spiel Gegenwehr. Spätestens nach dem ersten Drittel im dritten Finalspiel war der Weg frei für den 11. Meistertitel unserer Eisbären. Was die Mannschaft nach der unnötigen Overtimeneiderlage in Köln aufs Eis zauberte, war nicht von dieser Welt. Die Unterstützung im Herzen war eindeutig zu spüren und zu sehen! Andererseits war es auch sehr schön, dass die Kölner zumindest einmal im Finale ordentlich feiern konnten. Das hatten sie sich mehr als verdient!
Ich habe den Überblick verloren, wie viele Rekorde die Mannschaft von Serge Aubin gebrochen und eingestellt hat. Diese Mannschaft war einfach nur überwältigend gut! Da fehlen einem am Ende auch die passenden Worte!
Fazit
Am Ende hat sich gezeigt, dass der punktuelle Umbruch im Team, der Mannschaft gut getan hat. Alle Neuzugänge ergänzten das Teamgefüge perfekt. Das traf sowohl auf das spielerische als auch auf das menschliche Element zu. Nicht nur aufgrund des schweren Verlustes von Tobi Eder, spürte man eine tiefe Verbundenheit im Team.
Spieler wie Kirk und Fontaine erwiesen sich nicht nur als gute Ergänzungen, sondern als wahre Topscorer! Gerade bei Fontaine überraschte dieser Umstand dann doch, selbst er wusste manchmal nicht, wie im geschieht!
Dieses Team hat von vorne bis hinten, hinter der Bande und oben an den Schreibtischen eine überragende Saison abgeliefert. Der Zusammenhalt zwischen Mannschaft und Fans war diese Saison unbeschreiblich! Die Eisbären sind wieder eine Adresse geworden, wo Spieler und Berater Schlange stehen müssen, um einen Platz in diesem wunderbaren Team zu bekommen.
Mein persönlich schönster Moment der Meisterfeier war der tobende Jubel für Serge Aubin in der ganzen Arena. Allerspätestens jetzt haben auch die letzten Begriffen, welche herausragend Arbeit die gesamte sogenannte „Hamburg – Connection“ seit 2017 erst durch Richer und dann auch ergänzt durch Aubin und Botstehde geleistet haben und immer noch leisten werden!
Wir wünschen euch nun erstmal eine schöne Meisterfeier. Dann folgt am Wochenende noch unsere finale Podcastaufnahme! Aber auch danach geht es weiter, die heiße Transferphase wird zeitnah beginnen und auch in der langen Pause erwarten euch einige Überraschungen unsererseits! Dennoch wird es für gewisse Zeit erst einmal der letzte Artikel bleiben, also von schreibender Seite wünschen wir euch schon jetzt eine schöne Sommerzeit! ☺️
Alle Bilder: City-press GmbH